6
Dez
2005

Die wahre Geschichte vom Knecht Ruprecht

Einmal war der Wilde Reiter mit seinem Gefolge im Mittwinter unterwegs, als ein Pferd des Gefolges ein Eisen verlor, und sein Reiter so mit ihm und seinem Hund zurückbleiben musste, und sich, als er versuchte, den Zug einzuholen, im Wald verirrte. Das war der Knecht Ruprecht. Er kam zu einer Hütte, in der eine Witwe mit ihren Kindern lebte, stieß die Tür unwirsch auf, denn er war ein raubeiniger Geselle, trat einfach ein und verlangte unfreundlich nach Speis und Trank, während sein Hund die Kinder ankläffte. Die arme Frau erschrak und brachte dem Fremden sofort das Gewünschte, was eigentlich für sie und die Kinder gedacht war. Ruprecht ließ es sich gut gehen, streckte sich auf der Ofenbank aus und versuchte alsbald ein wenig zu schlafen .
Die Frau hatte ein Lichtlein auf den Tisch der Kinder gestellt, das flammte und knisterte, und nach dem dunklen Tag, tat es dem Knecht in den Augen weh. Da sprach er barsch: „Lösche das Licht! Siehst du nicht, dass ich schlafen will?“ Die Mutter schüttelte den Kopf, und obgleich sie große Angst hatte, sagte sie: „Nein, löschen darf ich es nicht. Es winkt der lieben himmlischen Frau, damit das Sonnenlicht heimkommt und der Winter vorübergeht.“ Dagegen wagte der Knecht nichts zu sagen. Er brummte nur und wandte den Kopf ab.
Da begannen die Kinder leise zu singen, und Ruprecht verlangte rau, dass sie aufhören sollten, er wolle schließlich schlafen! Aber die Mutter forderte die Kinder auf weiter zu singen, obwohl sie nun doppelt Furcht hatte. „Hörst du denn nicht,“ fragte sie, „dass es ein Liede zur Weihnacht ist? Ach, wie käme die himmlische Frau, das Licht zu uns zu bringen, wenn wir sie nicht mit dem Singen der Kinder riefen?“
Als die Frau dann ging, um die Tür einen Spalt zu öffnen, obwohl es bitterkalt draußen war, und die Schneeflocken hineintanzten, geriet der Knecht außer sich: „Was hast du denn jetzt vor? Du weißt doch, dass ich friere und schlafen will...“ Aber die Frau entgegnete sanft: „Die Wittfru muss doch die Kinder hören und das Licht sehen, sie könnte sonst vorübergehen.“
Als der Knecht nun soviel vernahm, von der Frau, die sein Herr auf langen Ritten so vergeblich suchte, wunderte er sich und kam ins Grübeln. Er blinzelte zur Türspalte, ob er nicht tatsächlich die fremde Frau sehen könnte. Aber er sah nur die Mutter, wie sie so hoffnungsvoll zur Tür schaute. Da wurde ihm sein Herz ganz warm, und er wollte seine Grobheiten wieder gut machen. Er begann die Kinder zu trösten, die bisher Angst vor ihm gehabt hatten, brach das Brot in Stücke, das die Frau ihm gegeben hatte, weil er nun sah, dass die Kinder Hunger hatten, und er besprach es sogar, so dass es nun süß war, wie Kuchen. Ein kleines Mädchen zeigte ihm sein Pferdchen, als es Vertrauen fasste, und dem fehlten Kopf und Schwanz. Da machte sich Ruprecht daran, beides wieder anzunähen. Er sah wie die Augen der Kinder und auch der Mutter vor Freude leuchteten und war sich gewiss, dass so ein Glanz nur von der himmlischen Frau selbst kommen könnte. Da gefiel es ihm eifrig zu helfen und zu schenken, wie sein Herr, der wilde Jäger selbst es tat, in der Heiligen Nacht. Er schuf nun ein Geschenk nach dem anderen, Puppen, Bälle, Wagen, Reiterleute, und mochte gar nicht mehr aufhören. Aus einem Apfel machte er gleich einen ganzen Tisch voller Äpfel, aus zwei Nüssen einen ganzen Sack voll.
Als er so am Zaubern und voller Glück war, flog plötzlich die Tür auf, und herein kam der Wilde Reiter mit seinem Gefolge, sah sich erstaunt um und rief: „Was tust du hier?“ Erschrocken blickte der Knecht seinen Herrn an: „Ach, das ist schwer zu erklären. Die Kinder sangen die himmlische Frau herbei. Wie mich dünkt für uns alle. Man soll solches Singen nicht gering erachten und es belohnen.“ Und wie der Reiter nun sah, wie glücklich alle in diesem Haus waren seufzte er und sprach: „So bleib noch, und geh auch in die anderen Häuser und lass alle Kinder singen. Vielleicht, dass sie, die wir suchen, sich doch rascher zu uns wendet, wenn sie uns hört.“
Da freute sich der Knecht Ruprecht, und geht noch heute fleißig durch die Häuser um die guten, singenden Menschen zu beschenken.

Quelle: Sigrid Früh/Rauhnächte - Märchen Brauchtum Aberglaube

Ein sehr, sehr empfehlenswertes Buch mit vielen super-schönen Geschichten von Frau Holle, der Percht und dem Woden und seinem Gefolge drinnen...!

Und nun ich hoffe, dass nun niemand mehr glaubt, der Knecht Ruprecht sei ein gemeiner Kerl mit Rute...?! ;)

Euch noch einen schönen Ruprechts-Tag...! :))
scherenschnitt

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Innere Welten, Irlands Weiten...

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