8
Apr
2007

Das Ogham-Alphabet

„Wir wissen nicht, wer das Ogam erfunden hat. Die uns zugänglichen Überlieferungen nennen verschiedene legendäre Wurzeln: eine biblische Quelle nennt Fenius Farsaidh, einen skythischen Weisen, der im Turm von Nimrod wohnte und ein Vorbote des gälischen Volkes war; eine irische Legende spricht von dem Thuatha de Dannan Gott Ogma, dem Vater der Sprache und Dichtung; und eine bardische Quelle nennt den großen Dichter der Milesier, Amairgin, den sagenhaften Urheber von vielen traditionellen poetischen Überlieferungen.“

So beginnt Caitlín Matthews im ersten Teil ihres Buches „Keltische Weisheitsstäbchen – Ein Ogam-Orakel“ ihre Darlegung der Geschichte und Bedeutung des Ogham-Alphabets. Fest steht aber jedenfalls, dass die irische Ogham-Schrift sich nicht aus einer früheren Schreibform entwickelt hat und auch keine direkten Verbindungen zu anderen Schriftsystemen aufweist, sondern ganz für sich allein steht.

Die Entwicklung des Ogham fand vermutlich zeitgleich mit der irischen Einführung der lateinischen Sprache und des römischen Alphabets für kirchliche Zwecke, etwa im 5. Jahrhundert statt. Die ältesten Steininschriften stammen aus dieser Zeit und sind in lateinischen Buchstaben geschriebene alt-irische Texte. Alle bekannten Ogham-Steininschriften wurden ebenfalls auf das 5.-7. Jhdt. datiert, mit Ausnahme einiger piktischer Steine in Schottland, die vermutlich aus dem 9. Jhdt. stammen. Insgesamt wurden bisher 332 in irischer Sprache mit Ogham-Buchstaben beschriftete Steine in Irland, 40 in Wales, acht in England, vier auf der Isle of Man und zwei in irischer, sowie 27 in piktischer Sprache in Schottland gefunden. Die Steininschriften bieten leider relativ wenig Ansatzpunkte zur Erforschung der Ogham-Schrift, da sie ausschließlich aus Namen bestehen.

Es gibt jedoch viele Quellen die Aufschluss über das Ogham-Alphabet liefern, obwohl sie nicht mehr in Ogham verfasst wurden, so z.B. das De Duilib Feda na Forfid (Values of the Forfeda) und das Lebor Ogham (Buch von Ogham). Die wichtigste dieser Schriften ist das Auraicept na n’Eces (The Scholar’s Primer), geschrieben vermutlich im 7. Jhdt. von Cenn Faelad, einem Poet dieser Zeit, welches eine Einführung in das Wortspiel der Dichtung, mit Hilfe der Grammatik des Ogham-Alphabets darstellt. Alle 3 Quellen werden im Buch von Leinster zitiert, welches in einer Zeit geschrieben wurde (12. Jhdt.), in der das Ogham vermutlich bereits seit mehreren Jahrhunderten keine praktische Anwendung mehr fand. Weitere Informationen zum Ogham finden sich in dem 1416 von Gilla Isa Mor Mac Firmis geschriebenen Buch von Lecan.

Schriftsystem

Das Schriftsystem der 20 Hauptbuchstaben des Ogham besteht aus vertikalen oder aber schrägen Strichen, die an der Kante eines Steines angebracht wurde. So muss man sich in der Darstellung unten die horizontale Linie als Steinkante vorstellen, über die die Striche herüberlaufen. Wird das Ogham in Holz geritzt oder heutzutage auf Papier geschrieben, wird eine solche Linie üblicherweise als Orientierung benutzt.

Zumeist wurden Ogham-Inschriften auf Steinen von unten nach oben laufend angebracht, manchmal jedoch auch auf der Rückseite des Steins einfach von oben nach unten weitergeschrieben. Ein interessanter Link, auf dem man sich viele der auf den Britischen Inseln entdeckten Steine ansehen kann, ist der Folgende:

http://titus.uni-frankfurt.de/ogam/ogsing.htm

Die ersten 15 Zeichen stehen für die Konsonanten des Ogham-Alphabets, die folgenden 5 für die Vokale. In späteren Aufzeichnungen wurde das Ogham durch 5 zusätzliche Buchstaben ergänzt, die sogenannten forfedha, welche für Buchstabenkombinationen stehen und in ihren Darstellung stark von den ersten 20 Zeichen abweichen. Der Grund war vermutlich, dass man eine Anpassung an neuere Sprachen vornahm, die teilweise Konsonanten enthielten, die in der alt-irischen Sprache nicht vorkamen.

Sehr bekannt ist das Ogham auch unter dem Namen "Baumalphabet", was darauf zurückzuführen ist, dass die Bäume immer als den Kelten besonders heilig galten und sie zudem den magischen Gebrauch der Ogham-Zeichen gut zu erklären vermögen. Es gibt jedoch auch noch andere Oghams, die vermutlich ebenso viel über die Bedeutung der Zeichen aussagen könnten, wüssten wir ihre Botschaften noch zu entschlüsseln. Dieses Wissen ist leider stark verschüttet, und würde wohl langer und intensiver "Ausgrabungen" bedürfen, wollte man es wieder genauso verstehen, wie das Wissen der Bäume.

Das Baum-Ogham

B = Beth/Birke
L = Luis/Eberesche
F = Fearn/Erle
S = Saille/Weide
N = Nion/Esche

H = Huath/Weißdorn
D = Duir/Eiche
T = Tinne/Stechpalme
C = Coll/Haselnuss
Q = Queirt/Apfelbaum

M = Muin/Weinstock (manche sagen ursprünglich Brombeere)
G = Gort/Efeu
NG = Ngetal/Ginster (oder Farn)
STR = Straiph/Schwarzdorn
R = Ruis/Holunder

A = Ailm/Föhre
O = Onn/Stechginster
U = Uir/Heidekraut
E = Edhadh/Espe
I = Idhadh/Eibe

Eine sehr gute tabellarische Darstellung des Oghams findet sich auch auf der Website von Curtis Clark, der eine gute Übersicht über die verschiedenen Schreibweisen der Namen der Buchstaben in verschiedenen Quellen und die englischen Baumnamen anbietet. Zudem sind hier nocheinmal die Ogham-Zeichen einzeln, wie man sie auf Orakel-Stäbchen schnitzen würde, zu sehen:

http://www.csupomona.edu/~jcclark/ogham/ogh-alph.html

Weitere Informationen über die Verwendung des Ogham in der Dichtkunst, in der Wahrsagekunst, in der Magie und über die Bedeutungen der einzelnen Bäume/Stäbe folgen vielleicht demnächst. Fragt gern, wenn Ihr spezielle Fragen zu einzelnen Bereichen habt.

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