Meine Lieblinge: Kastanien
Kastanien, Tamagotchis und Handys
Eppendorf: Eine weißhaarige, alte Frau bückt sich mühsam, greift etwas vom Boden und richtet sich wieder auf. Nach der Anstrengung muss sie sich einen Moment an einem Gartenzaun festhalten. Dann lässt sie ihren Fund - eine Kastanie - in einer kleine Plastiktüte gleiten. Ein paar Schritte weiter wiederholt sich die Prozedur. An der Füllung der Tüte ist zu sehen, zehn, zwölf Kastanien hat die alte Dame schon gesammelt.
"Für die Enkelkinder", stellt eine junge Passantin fragend fest. "Nein", ist die etwas atemlose Antwort, "für das Altenheim, für meine Nachbarn, die nicht mehr hinaus können."
Ein nichtverstehender Blick sucht nach Erklärung. "Wissen Sie", sagt die alte Frau, "Kastanien sind die Erinnerung an eine schöne Zeit, an die Kindheit, und gleichzeitig sind sie ein deutliches Zeichen für den Herbst - beides passt zu uns Alten, und darum will ich meinen Nachbarn mit den Kastanien eine Freude machen."
Ein Lächeln von beiden Seiten, und dem Beobachter stellt sich die Frage: Wie wird so etwas in 60, 70 Jahren aussehen, wenn man den Nachbarn im Altenheim eine Kindheits-Erinnerung mitbringen möchte? Einen Gameboy? Ein Tamagotchi? Ein Handy? Oder vielleicht doch noch eine im Herbst frisch vom Baum gefallene Kastanie?
(Gerd-Peter Hohaus im Hamburger Abendblatt vom 27. September 1999)
Diese wunderbare kleine Anekdote habe ich vor ein paar Jahren mal aus der Zeitung ausgeschnitten! Als ich heute unter einem Kastanienbaum lauter wunderschöne, glänzende, teilweise noch halb in der leuchtend-grünen Schale sitzende Kastanien liegen sah, und einfach überhaupt nicht anders konnte, als beide Hände vollzusammeln, musste ich wieder an diese Geschichte denken, und hab sie gleich für Euch herausgesucht!
Meine Mutter trägt übrigens immer eine kleine Kastanie bei sich im Portemonnaie, da dieses gegen Rheuma helfen/schützen soll. Kennt Ihr diesen Brauch? Ich hab auch, zumindest im Herbst, meistens eine in der Tasche, einfach, weil ich sie immer aufheben muss, wenn sie mir vor die Füße kullern! :))
Ansonsten sind sie ja wahre Verwandlungskünstler, diese Kastanien! Erst verstecken sie sich in der stacheligen, festen, grünen Schale, um dann so herrlich glänzend daraus hervorgekrochen zu kommen. Und kaum hat man sie drei Tage in der Tasche, oder zu Hause schön zur Dekoration ausgebreitet, sagen sie "Ätschbätsch, ich bin bloß klein und schrumpelig!"... Naja, ich mag sie trotzdem! ;)
Die Indianer haben aber eine Möglichkeit gefunden, aus Kastanien einen mehlähnlichen Grundstoff herzustellen, den man zu schmackhaften Pfannkuchen, Broten oder auch Suppen weiterverarbeiten kann. Die Kastanien werden hierfür in ein mit heißen Steinen gefülltes Erdloch gelegt und mit Blättern, heißer Asche und kleinen Ästen abgedeckt. Darin ließen sie sie einen Tag lang garen. Danach wurden die Kastanien geschält, kleingeschnitten, mit einem Mörser zerrieben und dann in einen engmaschigen Korb oder ein Sieb gestrichen und ordentlich gewässert. Dann in der Sonne getrocknet. Danach war das Mehl gebrauchsfertig. Abgewandelt nach unseren modernen, europäischen Methoden kann man die Kastanien ähnlich auch im Backofen ansetzen, oder einfach dadurch entbittern, dass man sie einige male in frischem kalten Wasser ansetzt und kurz aufkochen lässt. Dann trocknen und mahlen, und als Kastanienmehl, ebenso wie Eichelmehl z.B. für Kekse, oder als Kaffee-Ersatzmittel benutzen.
So schön waren die herbstlich gefärbten Blätter der Kastanien vor dem Befall durch die Miniermotte... Es macht mich traurig, dass man sie so nun schon das dritte Jahr nicht mehr erlebt... Ich bete dafür, dass sich das bald wieder ändert...!
Eppendorf: Eine weißhaarige, alte Frau bückt sich mühsam, greift etwas vom Boden und richtet sich wieder auf. Nach der Anstrengung muss sie sich einen Moment an einem Gartenzaun festhalten. Dann lässt sie ihren Fund - eine Kastanie - in einer kleine Plastiktüte gleiten. Ein paar Schritte weiter wiederholt sich die Prozedur. An der Füllung der Tüte ist zu sehen, zehn, zwölf Kastanien hat die alte Dame schon gesammelt.
"Für die Enkelkinder", stellt eine junge Passantin fragend fest. "Nein", ist die etwas atemlose Antwort, "für das Altenheim, für meine Nachbarn, die nicht mehr hinaus können."
Ein nichtverstehender Blick sucht nach Erklärung. "Wissen Sie", sagt die alte Frau, "Kastanien sind die Erinnerung an eine schöne Zeit, an die Kindheit, und gleichzeitig sind sie ein deutliches Zeichen für den Herbst - beides passt zu uns Alten, und darum will ich meinen Nachbarn mit den Kastanien eine Freude machen."
Ein Lächeln von beiden Seiten, und dem Beobachter stellt sich die Frage: Wie wird so etwas in 60, 70 Jahren aussehen, wenn man den Nachbarn im Altenheim eine Kindheits-Erinnerung mitbringen möchte? Einen Gameboy? Ein Tamagotchi? Ein Handy? Oder vielleicht doch noch eine im Herbst frisch vom Baum gefallene Kastanie?
(Gerd-Peter Hohaus im Hamburger Abendblatt vom 27. September 1999)
Diese wunderbare kleine Anekdote habe ich vor ein paar Jahren mal aus der Zeitung ausgeschnitten! Als ich heute unter einem Kastanienbaum lauter wunderschöne, glänzende, teilweise noch halb in der leuchtend-grünen Schale sitzende Kastanien liegen sah, und einfach überhaupt nicht anders konnte, als beide Hände vollzusammeln, musste ich wieder an diese Geschichte denken, und hab sie gleich für Euch herausgesucht!
Meine Mutter trägt übrigens immer eine kleine Kastanie bei sich im Portemonnaie, da dieses gegen Rheuma helfen/schützen soll. Kennt Ihr diesen Brauch? Ich hab auch, zumindest im Herbst, meistens eine in der Tasche, einfach, weil ich sie immer aufheben muss, wenn sie mir vor die Füße kullern! :))
Ansonsten sind sie ja wahre Verwandlungskünstler, diese Kastanien! Erst verstecken sie sich in der stacheligen, festen, grünen Schale, um dann so herrlich glänzend daraus hervorgekrochen zu kommen. Und kaum hat man sie drei Tage in der Tasche, oder zu Hause schön zur Dekoration ausgebreitet, sagen sie "Ätschbätsch, ich bin bloß klein und schrumpelig!"... Naja, ich mag sie trotzdem! ;)
Die Indianer haben aber eine Möglichkeit gefunden, aus Kastanien einen mehlähnlichen Grundstoff herzustellen, den man zu schmackhaften Pfannkuchen, Broten oder auch Suppen weiterverarbeiten kann. Die Kastanien werden hierfür in ein mit heißen Steinen gefülltes Erdloch gelegt und mit Blättern, heißer Asche und kleinen Ästen abgedeckt. Darin ließen sie sie einen Tag lang garen. Danach wurden die Kastanien geschält, kleingeschnitten, mit einem Mörser zerrieben und dann in einen engmaschigen Korb oder ein Sieb gestrichen und ordentlich gewässert. Dann in der Sonne getrocknet. Danach war das Mehl gebrauchsfertig. Abgewandelt nach unseren modernen, europäischen Methoden kann man die Kastanien ähnlich auch im Backofen ansetzen, oder einfach dadurch entbittern, dass man sie einige male in frischem kalten Wasser ansetzt und kurz aufkochen lässt. Dann trocknen und mahlen, und als Kastanienmehl, ebenso wie Eichelmehl z.B. für Kekse, oder als Kaffee-Ersatzmittel benutzen.
So schön waren die herbstlich gefärbten Blätter der Kastanien vor dem Befall durch die Miniermotte... Es macht mich traurig, dass man sie so nun schon das dritte Jahr nicht mehr erlebt... Ich bete dafür, dass sich das bald wieder ändert...!
Baumkriegerin - 28. Sep, 21:23
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